CDU und FDP haben im Landtag mehrheitlich ihr sogenanntes „Entfesselungspaket I“ beschlossen, das insbesondere zusätzliche Ladenöffnungszeiten vorsieht, u.a. eine Verdoppelung der jährlich zulässigen verkaufsoffenen Sonntage bei gleichzeitiger Abschaffung des bisher notwendigen Anlassbezugs. Falk Heinrichs, Vorsitzender des Kreisverbands Siegen-Wittgenstein der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK), hält diese Entscheidung der Mitte-Rechts-Koalition in Nordrhein-Westfalen „für geradezu skandalös“ und erklärt: „Es kommt immer auf die Perspektive an. Die marktradikalen Akteure der beiden Koalitionsparteien sprechen von ‚Entfesselung‘, für die Beschäftigten des Einzelhandels und ihre Familien ist es eine Fesselung, also genau das Gegenteil. Ihre gemeinsame Freizeit an den Wochenenden wird erneut massiv beschnitten.“
Das bisherige Ladenöffnungsgesetz biete aus Sicht der SPD ausreichend Möglichkeiten für Ladenöffnungen an Sonn- und Feiertagen. Zusätzliche Öffnungen an diesen verfassungsrechtlich besonders geschützten Tagen würden die Beschäftigten über Gebühr belasten, ohne dem stationären Einzelhandel im Wettbewerb mit 24 Stunden und an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung stehenden Online-Angeboten nennenswerte Vorteile zu bringen.
„Jedenfalls höhlt die von CDU-Ministerpräsident Armin Laschet geführte Landesregierung den in unserer Verfassung verankerten Sonntagsschutz durch die jetzt beschlossene Erweiterung der Ladenöffnungszeiten praktisch aus. Bei der FDP wundert mich nicht, dass für sie die christliche Sonntagsruhe hinter der ideologischen Marktentfesselung zurücksteht. Völlig unverständlich ist aber die ‚Mittäterschaft‘ der CDU, die doch immer wieder betont, wie wichtig ihr angeblich christliche Werte sind. Für mich steht außer Frage: Die CDU hat ihr „C“ und Arbeitnehmerinteressen für die von der FDP geforderte Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten geopfert“, unterstreicht Falk Heinrichs. In dieser Mitte-Rechts-Koalition von CDU und FDP in Düsseldorf wackelt ganz offensichtlich der Schwanz mit dem Hund, fügt der SGK-Kreisvorsitzende erstaunt hinzu.
Besonders erschreckend sei für ihn gewesen, so der stellvertretende SGK-Vorsitzende Hannes Gieseler, dass die Landesregierung den kurz vor einem Ergebnis stehenden Runden Tisch mit Gewerkschaften, Kirchen und Einzelhandelsverbänden ganz bewusst platzen ließ, um die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten durchzusetzen. „Das nenne ich miesen und arroganten politischen Stil. Der Runde Tisch war eine Chance, mehr Rechtsfrieden zu erreichen. Die jetzt von FDP und CDU gegen alle Vernunft durchgeboxte Entscheidung wird dagegen zahlreiche Klagen gegen kommunale Entscheidungen für verkaufsoffene Sonntage zur Folge haben. Mehr Rechtssicherheit? – Fehlanzeige“, kritisiert Hannes Gieseler. In der weiteren Auseinandersetzung über dieses Thema könnten sich Gewerkschaften und Kirchen auf die Unterstützung der SPD verlassen, betonen Heinrichs und Gieseler abschließend.